Vortrag über Sauerwitz.
Aus dem Leobschützer Heimatblatt
Ein Bericht, den Paul Richter am 29.04.2000 beim Sauerwitzer Heimattreffen im Kolpinghaus zu Köln vorgetragen hat. Leider kann man die Begeisterung und das Engagement vom Vortragenden wie von den Zuhörern hiermit nicht wiedergeben.

Meine Damen, meine Herren. Ich möchte Sie herzlich begrüßen und ich möchte eigentlich auch sagen: "Liebe Sauerwitzer, wenn ihr einverstanden seid."

"Ja, ja, na klar,", war das allgemeine Echo.

Ich glaube, wenn wir uns hier zusammenfinden zu einem Heimattreffen, wie eine Familie, dann kann man diese Anrede auch benutzen. Ich will versuchen aus der Historie unseres Dorfes, soweit mir das möglich ist und was ich zusammentragen konnte, heute mal hier für euch darzustellen.

Sauerwitz war ein uralter Ort, am Fuße des Huhlberges. Den Huhlberg kennt jeder, 410 m hoch, ein Berg, der aus Grauwacke besteht und sonst gar nichts. Das Alter haben mehrere Urnenfunde, vor allen Dingen aber die Pfahlbauten, die man bei der Trojaregulierung gefunden hat, bewiesen. Der Landeskonservator aus Breslau ist sofort angetanzt, als er Nachricht kriegte von dem leidenden Ingenieur Schallenberg, dass hier etwas besonderes gefunden sei und hat alles ausheben lassen, und zwar will ich das mal so beschreiben:

In der Troja war, und zwar bei dem Durchgang neben der Pechschmiede, kennt ja auch jeder, ein kleiner Brunnen eingepfercht. Dort sind diese Pfahlbauten bei der Trojaregulierung hochgekommen, und zwar noch gut erhalten. Man hat dort diese Pfähle von etwa 7 bis 8 m Länge herausgezogen, außerdem wurden Scherben und Gefäße gefunden, - es wurde alles konfisziert und abtransportiert nach Breslau. Sauerwitz hat davon nichts behalten dürften, obwohl sich unser Lehrer Köbsch sehr dafür eingesetzt hat. Lehrer Köbsch ist vielleicht noch einigen dem Namen nach bekannt. Aber du kennst ihn noch (an Quotschalla Kurt gewandt) wir beide mussten immer zu ihm rein und "das Grab von Busento" vortragen. Es wurde also alles mitgenommen, Pfähle und Gefäße. Der Fachmann hat das Alter der Pfahlbauten auf 10.000 Jahre vor Christus geschätzt, da könnt Ihr euch ja vorstellen, wie alt das war.

In der slawischen Periode hat es hier schon immer ein Rittergut gegeben mit einem Schloss. Das stand auf dem Grundstück von Hein und Juraske, wo das war, weiß auch jeder von euch. Da steht auch heute noch (nein es ist verschwunden) jedenfalls war es das älteste Haus von Sauerwitz, und zwar haben Nietsch darin gewohnt. Dieses kleine, niedrige Ding, das war die Brauerei vom Gut. Wir haben die Leute immer geärgert, aber wer hat so was nicht gemacht? Die mährischen Landarbeiter, die auf den Gütern arbeiten mussten, durften nur in ganz primitiven Häusern dort wohnen. Die Gutsherren waren die "Meister" und so ging es eben nicht anders.

Aber im 13. Jahrhundert kamen dann zahlreiche deutsche Kolonisten, deswegen hatten wir ja auch eine große und eine kleine Kolonie, wer das noch weiß, und die haben das Trojatal richtig kultiviert. Man denke daran: Es war ja früher ziemlich sumpfig, das Bratscher-Wasser und die Troja hatten viel mehr Wasser. Denkt mal an den Tump, dieser riesengroße Damm, der den Kratschmer-Teich, so hieß das Gebiet, von dem Sumpfgebiet fernhielt. Über die Mündung des Bratscher-Wasser in die Troja, wurde eine kleine Holzbrücke gebaut, die wie alle anderen Holzbrücken nicht mehr bestehen.

1377 hieß das Dorf noch Zuberic, slawisch geschrieben, daraus ist dann Sauerwitz geworden. Die erste Kirche war eine Holzkirche, über die ich leider nichts mehr in Erfahrung bringen konnte. Für den Bau der Kirche, muss ja zuerst immer ein geeigneter Platz ausgesucht werden. So hatte man dafür den Schmiedeberg "ausgekuckt". Schmiedeberg, wo später die Trautmann-Schmiede stand. Dort sollte sie hin, auf einer kleinen Anhöhe und natürlich mitten im Dorf. Aber die Sage! Der Sage nach, ist das Baumaterial dort angeliefert worden, aber nach mehreren Tagen war dieses Baumaterial auf dem Kirchberg. Man hat das als besonderen Hinweis angesehen und so ist die Kirche dann, da oben auf dem Kirchberg auch gebaut worden. Und zwar zunächst in einem streng gotischen Stil. Jeder weiß, wenn er den Chor vor sich hat, da wo der Hochaltar steht, dass das ein gotischer Bau war, Spitzbogen sind ganz typisch dafür. Jeder weiß auch, dass der Turm ein gotischer Bau war. Irgendwann ist durch eine Windhose dieses Filigrangebäude weggetragen worden. Es sind nur der Chor und der Turm stehen geblieben. Die Turmhaube ist allerdings auch weggeflogen, deshalb bekam er nachher eine Barockhaube. Irgendeiner von diesen Gutsherren, wer es genau war, kann ich nicht sagen, ob es Damjanoff war oder ein anderer - war beim böhmischen König in Ungnade gefallen, aus welchen Gründen auch immer. Jedenfalls hat dieser Gutsherr den Auftrag bekommen auf eigene Kosten das Mittelschiff in Barockbauweise wieder aufzubauen. Ihr wisst, das sind dann runde Bögen und runde Fenster. Dieser Teil des Kirchenschiffes war ganz anders gestaltet als das vordere, mit den Einschnitten, die dann ausgemalt wurden, besonders zu erwähnen: das große Auferstehungsbild in der Mitte. Die Kirch konnte wieder großartig hergestellt werden in Barock.

Der Triumphbogen war auch stehen geblieben. Das ist der Abschluss vom Laienraum zum Presbyterium. Früher wurde da ein Lettner, ein Lesepult zum Vorlesen des Evangeliums gebaut, was bei uns aus Platzmangel nicht möglich war. Am Triumphbogen hing die Kanzel, die ein ausgesprochenes Barockelement war. Darüber auch der Schalldeckel, der ja auch dazugehörte. Ebenso die Balustrade an der Orgelempore mit den kleinen Säulen, war dem Barockstil angepasst. Der Wiederaufbau der Kirche war schon eine großartige Leistung und es konnte wieder Gottesdienst gehalten werden.

Die Kirchenpatrone unserer Kirche waren Peter und Paul. Sie zeigt auch das große Bild, das hinter dem Hochaltar hängt. Etwas ganz außergewöhnliches waren die Glocken, gewissermaßen ein Kleinod. Wir hatten ein großes Geläut von 4 Glocken, für eine kleine Gemeinde war das ganz beträchtlich.

Im I. Weltkrieg wurden alle Glocken abgenommen, bis auf die große, die vom Blitz getroffen worden war und keinen guten Klang mehr hatte. Im Jahre 1922 hat die Gemeinde 4 neue Glocken erworben, geweiht und in dem vom Trautmann-Schmied aus Eisenträgern gebauten Glockenstuhl aufgehängt.

Die größte Glocke wog 20 Zentner und war den Kriegern geweiht. Man sagte dazu die "Kriegerglocke", weil sie den Gefallenen gewidmet war. Die 2. größte Glocke wog 18 Zentner.

Sie war unseren Kirchenpatronen Peter und Paul gewidmet, die 3., eine 8-Zentner schwere Glocke war die Angelusglocke, die zu den Angelusgebeten geläutet wurde. Die kleinste, die 4-Zentner schwere war das Sterbeglöcklein. (Wird fortgesetzt!)

(Fortsetzung folgt)

SAUERWITZ, Fortsetzung von Heft 06/2000, Seite 40

Wenn wir mal nicht Ministrant sein mussten und aushelfen konnten, hat uns Podwonek, der Glöckner, angeheuert und wir durften dann die Glocken ziehen. Es war dann immer ein tolles Erlebnis, wenn wir beim Anhalten der Glocken, mit dem Seil mehrere Meter hochgezogen wurden. Das hat uns immer wieder großen Spaß gemacht. Ich habe mir das Geläut mehrmals angesehen, es war schon überwältigend. Während des 2. Weltkrieges wurden die Glocken ebenfalls zum Einschmelzen für Kriegszwecke eingezogen. Am Ende des Krieges war der Turm oberhalb des Glockenstuhles abgeschossen worden. Nach der Rückkehr von der Flucht ins Sudetenland haben einige Fachleute und viele willige Helfer einen einfachen Spitzturm, so gut es ging, wieder draufgesetzt. In den 90er Jahren hat man unter dem derzeitigen Pfarrer versucht den Turm in der ursprünglichen Form, nach den bei Grundsteinlegung eingemauerten Zeichnungen und alten Ansichtskarten wieder aufzusetzen. Dies ist nicht ganz gelungen, denn unsere Haube hatte die Form eines Helmes, aber jetzt ist es mehr eine Kugel geworden. Die vielen Grabdenkmäler in der Kirche zeugen davon, dass da einige Adelsgeschlechter gewesen sind und eben dort beerdigt wurden. Ritterfamilie Rzuchow, die ab 1414 dort herrschte, dann die Grafen von Smeskal und später Domanowitz.

Da die Troja ein sehr hinterhältiger Fluss war, ließen sie im Unterdorf (in der Nähe des Schlosses) zuallererst eine große Figur des "Johannes von Nepomuk", wie wir als Kinder sagten, aufstellen. Daran war ein großes Wappen der Grafen von Smeskal angebracht, damit man jederzeit den Stifter der Figur erkennen konnte. Diese wurde dann noch mit einem schmiedeeisernen Gitter im Viereck umgeben und an den 4 Ecken stand je eine Linde, in denen die Jungen zu allen Zeiten und Generationen herumgeturnt sind. Außerdem haben sich die Grafen von Smeskal durch besondere Spenden hervorgetan und den Kirchenschatz erheblich bestückt.

Da war zunächst eine Monstranz im Barockstil, ca. 60cm hoch, sie hatte im Fuß das Wappen der Grafen von Smeskal. Dazu gehörte ein Zimborium (Kelch zur Aufbewahrung der Hostien) ebenfalls mit dem Wappen, dazu gehörte ein silbernes Rauchfass mit dem Gefäß für den Weihrauch, dazu gehörten 2 Messkännchen in Silber. Es durfte nur zum Skapulierfest genommen werden und zu besonderen Anlässen wie Weihnachten in der Christmette. Sonst war auch Pfarrer Proske dafür, dass das "Alte" genommen wurde. Er hat auch diese Monstranz nur dann ausgesetzt, wenn wirklich Aussetzungsgottesdienst war.

Sie stand auch im Heiligen Grab, was wir in der Turmhalle aufgebaut haben. Da war sie zunächst verschleiert, bis zur Auferstehungsfeier, wenn das Lied "Christ ist erstanden" gesungen wurde. In der Prozession wurde sie dann zum Altar getragen.

Besonders kostbare Messgewänder gab es in weiß, rot und schwarz. Zu dem weißen Gewand mit eingesticktem Wappen für das Levitenamt, gab es die Tuniken (weißes Untergewand) und die Manipel (Band, das der Priester am Unterarm trägt). Wir durften diese kostbaren Sachen nur anfassen, wenn sie aus der Pfarrei, wo sie in großen Schränken sicher aufbewahrt wurden, in die Sakristei gebracht werden mussten.

Die Kirche soll schon Anfang des 15. Jahrhunderts erbaut worden sein. Sie hat den 30jährigen Krieg und die Reformation ohne Zerstörung überstanden.

Dadurch, dass das Herzogtum Jägerndorf sich weit über Oberschlesien ausbreitete und die Habsburger Katholiken waren, mussten alle Reformierten wieder katholisch werden. Es gab allerdings im Kreis Leobschütz einige Gemeinden, die vollständig evangelisch geblieben sind. "Wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe", wenn auch oft gezwungenermaßen, nicht unbedingt aus Überzeugung.

Der 30jährige Krieg hat auch in unserer Gegend schwer gewütet und die Menschen sind in die Schwedenschanze nach Bladen, am Ortsausgang nach Krug, geflohen. Bei Schulausflügen war sie schon mal unser Ausflugsziel. Die Schweden wollten nicht dort bleiben, zogen schnell weiter und die Menschen konnten wieder in ihre Dörfer zurückkehren.

König Ottokar von Böhmen hat 1241 der Stadt Leobschütz den Stadtwald, oder auch Buch-wald genannt, geschenkt und deshalb hatte die Stadt ihm zu Ehren 2 Parallelstraßen gewidmet. Die Straße von der Holländerpromenade bis zur Kreuzstraße an der katholischen Kirche, das war die König-Ottokarstraße und die an der Promenade entlang, das war die Kunigunden-Straße. Kunigunde war seine Gemahlin. Zur Holländerallee ist noch zu sagen, dass sie von dem jüdischen Arzt Hofländer angelegt worden war. Sein Denkmal wurde 1938 weggerissen! Warum? Gustav und Viktor Holländer, wahrscheinlich dessen Söhne, sind 1855 bzw. 1866 in Leobschütz geboren. Sie waren beide Komponisten, Musiker und Dirigenten. Friedrich Holländer, Sohn des Viktor, schrieb in den 20er Jahren in Berlin Chansons, Schlager, Operetten und Filmmusik. Sehr bekannt sind die Melodien zu "Der blaue Engel" mit dem Schlager "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" oder "Bei mir biste scheen". Ins Leobschützer Land reichen also auch Wurzeln der deutschen Kultur.

Unsere Kirche hatte die Form eines Kreuzes. Sie war wegen des Bevölkerungszuwachses zu klein geworden und musste erweitert werden. Man entschloss sich zum Anbau der Sakristei mit dem darüber liegenden Seitenchor. Auf der gegenüberliegenden Seite wurde später ein gleicher Anbau drangesetzt. Durch diesen 2. Anbau ist der Pfarrer zur Kanzel aufgestiegen. Auf dem nun etwas längeren Weg konnte er immer noch mal über die Predigt nachdenken und was er dem gläubigen Volke sonst noch zu sagen hätte. Die alte Kanzel war vorher von vorne zu besteigen gewesen.

Außer dem Hauptaltar standen in unserer Kirche noch 2 Seitenaltäre. Einer war der Marienaltar, der andere dem "Heiligen Johannes von Nepomuk" geweiht. An diesem Altar war wieder besonders auffallend: "Ein an der Seite des Altars angebrachtes Medaillon".

Auf ihm war dargestellt, wie Johannes im Jahre 1393 auf Anweisung von König Wenzel in die Moldau gestürzt wird und auch die 5 Sterne, die charakteristisch für den Schutzheiligen von Böhmen sind, waren darauf angebracht. Wenn die Weihnachtskrippe aufgestellt war, war das Medaillon aber nicht zu sehen.

Der große Teppich, der vor dem Hochaltar lag, ist einmal von der Kongregation, den Jungmädchen, gestickt worden. Sie haben zunächst viele Einzelteile hergestellt, die dann in der Teppichfabrik in Katscher fachgerecht zu einem echten Prunkstück zusammengesetzt wurden.

Am 25 Mai 1929 gab es das 1. Hochwasser. Ein dicker Wolkenbruch brachte soviel Regen, dass in ganz kurzer Zeit das Dorf unter Wasser stand. Die Hauptursache waren die steinernen Bogenbrücken mit sehr schmalen Durchlässen. Angeschwemmte Hölzer, Bäume, Tore, Stroh, Mist und ähnliches verstopfen diese Durchgänge und das Wasser staute sich im Unterdorf bei Wotennek bis auf eine Höhe von 2,5 Meter. Viel Vieh ist in den Fluten ertrunken. Juraskes Haus neben Mitschke-Stellmacher stürzte ein und ein Bewohner wurde von einem Balken erschlagen. Weitere Häuser, die schwer beschädigt oder ganz weggerissen wurden: Weiss-Tischler an der 1. Brücke bei Albrecht/Werner's Gasthaus; das Haus Rieger und ein Teil von Kieslich-Bäcker; Kaube, neben Bernards Gasthaus und Ecka-Gröger am Johannes.

Die 2. Überschwemmung folgte im Jahre 1931, richtete aber nicht so große Schäden an.

Danach entschloss man sich zur Trojaregulierung, d.h. zu einer sinnvollen Begradigung. Die kurzen Bogen oder Schleifen, wo die Einstürze eingetreten waren, wurden begradigt und alle Brücken in weiser Voraussicht in Stahlbeton neu errichtet. Die stärkste Begradigung war im Unterdorf notwendig. Ab dem Zufluss des Bratscher Wasser fließt die Troja nun nicht mehr zwischen Gröger und Pech Anton, sondern zwischen diesem und Bernard's Gasthaus hindurch. Dadurch entfiel auch der sehr gefährliche Knick bei Groaba-Nietsch. Die Brücken wurden errichtet bei Albrecht Schneider, Brandmeister Weiß/Kriegerdenkmal, Hanisch Leo, Muttke, Seiffert Ernst und bei Hein/Bernard. Holzbrücken für Fußgänger entstanden zwischen Albrecht und Beyer und bei Rotter Rudis Gasthaus zu Muttke's altem Backhaus und zum Tump. Durch die Regulierung wurde das Grundstück von Burkert Paul geteilt; die beiden Teile mussten auch durch eine Holzbrücke verbunden werden. Diese Holzbrücken haben, wie so viele andere Bauwerke, die Zeit nicht überdauert.

Bei diesen Umbauten hat man aber auch noch eine besondere Neuigkeit eingerichtet. Es wurden Rampen angeschüttet, über die, die Pferde in die "Schwemme" zum "Baden" gebracht werden konnten. Durch das Einlegen von mehreren Balken konnte das Wasser bis zu etwa 40 cm gestaut werden.

(Fortsetzung folgt)

SAUERWITZ, Fortsetzung aus Heft 03/2001, Seite 30

Es gab eine im Oberdorf an der Holzbrücke bei Schea-Pech'as, in der Dorfmitte, vom Trautmann-Schmied zum Reichel-Ambros und im Unterdorf bei Groaba-Nietsch'ast/Hein. Wir Halbstarken haben oft den oberen Balken herausgenommen und sind damit auf dem dann etwas niedrigerem Wasser herumgepaddelt. Die Älteren haben sogar versucht den Jüngeren für das Mitfahren Geld abzunehmen. Selbst bei 5 Pfg Fahrpreis war kein Geschäft zu machen, denn wer hatte denn früher schon Taschengeld?? Da wartete man schon eher bis die Luft rein war und das Abenteuer auf eigene Faust wagen konnte. Im Winter war die Troja längere Zeit zugefroren und wurde natürlich auch als Schulweg genutzt. An den Staustufen bildete sich eine lange, glatte Eisfläche, die ganz ideal war zum Schlittschuhlaufen oder Eishockeyspielen und auch das "Schendarn" hat viel Spaß gemacht.

Vor der Trojaregulierung war der "Tomp" viel schöner als danach. Dort standen nämlich überall die vielen Kopfweiden. Für uns war das ideal. Wir spielten darauf "Jagen°, bis dann mal ein Ast abbrach und wir saßen dann natürlich unten auf dem Hosenboden.

Ich möchte mal dazu sagen: Vieles geht den Bach runter, wie man so sagt. Wenn ich mir vorstelle, dass man z.B. das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges abreißt! Das war eine der ersten "Taten". Warum? frage ich mich da. (Entgermanisierung oder Polnisierung?)

Von der Einweihung des Kriegerdenkmals gibt es ein Bild, das im Hintergrund einen Teil des Oberdorfes mit Kirche zeigt; zu erkennen sind außerdem das bekränzte Denkmal, Ehren-Pforten und viel Volk in festlicher Kleidung. Ich werde versuchen, in einem guten Foto-Studio eine Vergrößerung herstellen zu lassen, die den Unterlagen des Heimatmuseums in Eschershausen beigelegt werden soll. Es war für die Gemeinde ein Hoher Festtag mit Gottesdienst und Ansprachen des 1. Vorsitzenden und Hauptmanns der Kyffhäuser Kameradschaft (Kriegerverein) Adolf Pöch sowie des damaligen Amtsvorstehers Franz Vielhauer.

Nun möchte ich noch etwas zu den Festtagen sagen. Das höchste Fest in Sauerwitz war das Skapulierfest, ein besonderes Fest, weil an diesem Tag ein Levitenamt abgehalten wurde. Die Skapuliergemeinschaft war eine privilegierte Gemeinschaft, die von Rom gestiftet war. Alle Mitglieder, sie mussten nicht unbedingt aus Sauerwitz sein, wurden in einem besonderen Buch eingetragen. Das Skapulier tragen Ordenleute als Überwurf zur Schonung des Hauptgewandes. Laien hatten das kleine Skapulier, das sehr vielfarbig ausgeführt war. Weil man es bei der Arbeit beschädigen oder verschmutzen konnte, gab es die Möglichkeit eine Medaille zu tragen. Wenn zu Beerdigungen oder zum Jahrgedächtnis ein Requiem mit Kondukt gehalten wurde, wurde auch dieses Buch auf das Katafalk gestellt.

Gefeiert wurde es am Sonntag nach dem 15. Juli; neben dem kirchlichen Hochfest auch als Kirmes mit Zuckerbuden, Karussell, Luftschaukel, Schießbude und Verlosung. Eigentlich hätten wir ja an Peter und Paul Kirchweih begehen müssen, aber da es ja nur 3 Wochen vor dem Skapulierfest lag, wurde es vergessen oder auch nicht beachtet. Ein weiteres Fest gab es aus besonderem Anlass. Unter Reichsfreiherr von und zum Stein wurden 1808/1810 die bäuerliche Erbuntertänigkeit und alle ständischen Beschränkungen im Grunderwerb und der Berufswahl aufgehoben.

Am 10.12.1810 sind unsere Bauem aufgestanden haben die "Herren" zum Teufel gejagt und, sehr unbedacht, sogar das Schloss angezündet, damit eine Rückkehr unmöglich gemacht wurde. Im Gerichtskretscham wurde der Säbel, der später noch bei uns aufbewahrt war, auf den Tisch gelegt und die ganze Gemarkung aufgeteilt. Das war so eine Art Vorseparation.

Die Bauern waren damit von der Leibeigenschaft und Frondienst befreit und konnten nun die Felder selbständig bewirtschaften, was sie zwar auch vorher teilweise schon taten, da sie ja ein Gespann frei hatten. Aber sie mussten ja auch den Zehnten abgeben. Was blieb da noch übrig? Wir wissen auch, dass die Erträge nicht so gewaltig waren wie heute. Wenn die Bauern heute nicht 32, 36 oder bis 40 Zentner Weizen pro Morgen ernten, klagen sie und werden krank.

Vor 60 Jahren waren 22-24 Zentner/Morgen schon eine gute Ernte bei uns. Bei den Rüben ist es ähnlich, 200 Zentner/Morgen sind zu wenig, 250 müssen es schon sein und der Zuckergehalt muss bei 18% liegen, damit sich das auch lohnt.

Glaubt mir, ich weiß es, weil ich mit den Bauern verkehre. Und ich "teile ihre Sorgen". - Eine endgültige Um- oder Zusammenlegung erfolgte erst viel später, dabei gab es natürlich auch wieder Ungerechtigkeiten. Vor allem die kleineren Bauern wurden durch Zuteilung von weniger ertragreichem Acker benachteiligt.

Dieser 10. Dezember wurde also als Gelöbnistag eingeführt, weil die Bauern gelobt hatten, diesen Befreiungstag als Feiertag zu begehen, sollten die ehemaligen Herren nicht wieder zurückkommen, was ja nicht mehr möglich gewesen wäre.

Bei deren Abzug war ein Festgewand der Gräfin gerettet worden, aus dem von einem, der etwas davon verstand, ein Messgewand angefertigt wurde. Da dieses in Rosa war, musste beim Erzbischof von Olmütz die Genehmigung eingeholt werden, dass der Pfarrer das rosa Gewand an diesem Tage tragen durfte. Der 10. Dezember wurde in der Kirche entsprechend begangen. Wir haben als Messdiener dieses rosa Gewand gesehen, ohne über die Bedeutung mehr zu wissen. Der Kirchenbesuch beschränkte sich leider auf die üblichen "Betschwestern". An diesen Tag hätte man sich etwas dankbarer erinnern dürfen. Wenn dieser Tag auf einen Sonntag fiel und Herr Pfarrer Proske von der Kanzel sein geharnischt Wort hat losgelassen, bekamen die Gläubigen doch ein bisschen mit der Angst zu tun und sind dann etwas zahlreicher gekommen. (Inzwischen hat die Gemeinde unter Pfarrer Beigel einen weiteren Gelöbnistag versprochen. Anlass war die Vertreibung im Juli 1946. Sollten wir wieder in unsere Heimat "frei" zurückkehren dürfen, dann werden wir den 19. März, den Tag der Flucht vor den Russen 1945 als unseren Gelöbnistag begehen. Es hat den Anschein oder es ist schon fast Gewissheit, dass wir diesen Tag nicht werden begehen können). Ja, vieles ist bedauerlicherweise verlorengegangen, die Kirchenbücher sind nicht mehr da. Die sogenannte halbe Chronik ist verschwunden. Sie war in der Schule und unser Lehrer hat uns vieles daraus vorgelesen.

Nun will ich noch mal auf das Skapulier zurückkommen. Im Dorf gab es eine Tante, die hieß Sacher, wurde aber die "Sacherin" genannt. Sie war gewissermaßen ein bisschen ausgestoßen: Warum? Man bezeichnete sie so als "halbe Hexe", obwohl sie der Skapuliergemeinschaft angehörte. Dieses Ansehen in der Gemeinde hat sie verrückt und irre gemacht.

Sie ist an das Wehr an der Wassermühle gegangen, um sich zu ertränken. Nun hat sie aber das Skapulier getragen und ist nicht untergegangen. Daraufhin hat sie das Skapulier an die Wehreinrichtung gehängt und ist danach ertrunken. Als sie dann gefunden wurde und beerdigt werden sollte, sagten die Bauern: "aber nicht auf unserem Acker". Dort, wo die Gemarkungen von Sauerwitz, Kreisewitz und Soppau zusammenstoßen, da ist sie dann beerdigt worden, weil sie als "Selbstmörderin" in Sauerwitz nicht bleiben durfte. (Einigen der Zuhörer ist dieser Sachverhalt bekannt gewesen und sie bestätigten die Ausführungen.)

Aus den Reaktionen entnehme ich und hoffe auch, dass euch meine Ausführungen interessiert und auch etwas gegeben haben.

Auf die Frage, wo denn die schönen Messgewänder geblieben wären?: Die Russen haben alles ausgeräumt. Ich weiß das ganz genau von meiner Mutter. Die vorhandenen Sachen wurden auf einen Leiterwagen gepackt und in unseren "Richter's Grund" gefahren. Als sie dort nach unserer Rückkehr gefunden wurden, war nach über 2 Monaten der größte Teil vermodert. Nur ein kleiner Teil aus dem unteren Bereich konnte gerettet und erhalten werden. Das Meiste, vor allem die kostbaren Gegenstände sind für immer verloren.

Die Monstranz war fast aus reinem Gold und musste durch ein Gerüst aus steiferem Metall gestützt werden, denn reines Gold ist ja bekanntlich sehr weich. Es war ein großes, schweres Gerät und ich weiß, dass Pfarrer Proske, als er dann schon älter war und die Monstranz nicht mehr tragen konnte zur Fronleichnamsprozession nicht die große, sondern die kleinere genommen hat.

Für die Prozession standen in Sauervvitz 3 Kapellen zur Verfügung. Eine bei Dobroschke eine zweite bei Pöch Adolf und eine dritte bei Andratschke Paul. Außerdem hat der Steier-Pauer vor seinem Hoftor jedes Jahr weiteren Altar mit viel Birkengrün hergerichtet. Es war wohl der schönste und größte, weil er so ganz frei dastand und auch das Birkengrün viel mehr her gab. Mit diesem wurde auch der gesamte Prozessionsweg auf beiden Seiten geschmückt und wenn das Fronleichnamsfest sehr früh war, wurden auf dem ganzen Weg Blütenblätter, vor allem von Pfingstrosen gestreut. In einem Jahr war der Tag so verregnet, dass die Prozession auf den darauffolgenden Sonntag verschoben wurde, da es wiederum regnete, wieder auf den nächsten Sonntag, und da es auch an diesem Tage regnete, wurde dann die Prozession in der Kirche durchgeführt. Sie führte von einem Nebenaltar zum anderen und dann zum Hochaltar.

Dieser war von dem Leobschülzer Bildhauer Ondrusch im Jahre 1907 neu gestaltet worden, nach der Renovierung und Ausmalung der Kirche durch Maler Klink aus Babitz im Jahre 1901. Besonders auffällig sind die beiden knienden Engel neben, und das Osterlamm auf dem Tabernakel. Für den Blumenschmuck und das Ausschmücken der Kirche an Samstagen und vor den Feiertagen waren die Damen des Theresienvereins zuständig. Jeden Monat war eine andere an der Reihe; meine Mutter ließ sich oft für die kalten Monate einteilen, was wiederum meinem Vater nicht so gefiel, denn in dieser Zeit mussten die Blumen gekauft werden und im Dezember kamen auch noch die Weihnachtsbäume dazu. Das wurde dann immer ein teurer Spaß.

Die aufmerksamen Zuhörer bedankten sich bei unserem lieben "Richter Paul" durch anhaltenden Beifall.

In der anschließenden Unterhaltung erfuhren wir von Herrn Prälat Dr. Grocholl:

Durch die sowjetischen Truppen waren Kreuze und andere sakrale Gegenstände aus Kirchen. Klöstern und Anstalten entfernt, verstreut und verschleppt worden. Einiges davon konnte nicht mehr zugeordnet oder am ursprünglichen Ort untergebracht werden. Für diese Teile ist im jetzigen Bischofssitz Oppeln ein Museum eingerichtet worden, in dem auch die im Vortrag beschriebene Monstranz aus Sauerwitz (Zubrzyce) ausgestellt ist, wo sie auch besichtigt werden kann.

Günter Persel,
Ittenbacher Str. 23, 50939 Köln, Tel. 0221/462132


Veröffentlichung aus dem Leobschützer Heimatblatt
33./34 Jahrgang, Heft 6/2000, Seite 39 ff; Heft3/2001, Seite 30 ff; Heft4/2001, Seite 31 ff.